Expertentreffen für Alternative Entwicklung: Das wichtigste internationale Forum für entwicklungsorientierte Drogenpolitik

©GPDPD ©GPDPD

Alternative Entwicklungsansätze in der Drogenpolitik gewinnen auf allen Ebenen an Bedeutung. Sowohl in nationalen Drogenstrategien wie auch im Kontext der Vereinten Nationen sprechen sich immer mehr Staaten für eine menschenwürdige Drogenpolitik aus, die sich an den Zielen für nachhaltige Entwicklung orientiert. Die von der Globalen Partnerschaft für Drogenpolitik und Entwicklung (Global Partnership on Drug Policies and Development, GPDPD)  initiierten Expertentreffen für Alternative Entwicklung haben sich zu der wichtigsten Fachkonferenz für entwicklungsorientierte Drogenpolitik entwickelt und tragen maßgeblich zu diesem positiven Trend bei.

Viele Menschen in abgelegenen ländlichen Regionen leben in extremer Armut. Mangels legaler Alternativen bleibt für das tägliche Überleben oft nichts anderes übrig, als im illegalen Sektor zu arbeiten. Sie bauen Koka, Cannabis oder Schlafmohn an. Durch das Konzept der Alternativen Entwicklung wird diesen Menschen die Möglichkeit geben, ihr Einkommen legal zu verdienen und der Armut zu entfliehen. Es ermöglicht langfristige Entwicklungsperspektiven. Um den Ansatz zu stärken und weltweit wirksam umsetzen zu können, braucht es den Austausch zwischen und das gemeinsame Handeln von Entscheidungsträgern.

 

Die wichtigsten Konferenzen hierfür sind die Expertentreffen für Alternative Entwicklung, die seit 2015 jährlich von der Globalen Partnerschaft für Drogenpolitik und Entwicklung organisiert werden. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und gemeinsam mit dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (United Nations Office on Drugs and Crime, UNODC), den Regierungen Thailands, Perus und der thailändischen Mae Fah Luang-Stiftung (Mae Fah Luang Foundation, MFLF) konnte die GPDPD die Expertentreffen als feste Institution etablieren.

 

Jedes Jahr treffen sich Vertreter*innen von Regierungen, UN-Institutionen, Nichtregierungsorgansiationen und der Wissenschaft zu dem offenen Dialog. Ziel ist es, den Ansatz der Alternativen Entwicklung sowohl stärker in der internationalen Drogenpolitik als auch in der Entwicklungspolitik zu verankern. Interessierten Regierungen werden entwicklungsorientierte Perspektiven im Umgang mit Drogenanbau und -verarbeitung nähergebracht. Wie relevant und anerkannt die Expertentreffen auf internationaler Ebene sind, spiegelt die steigende Zahl an teilnehmenden Regierungen wider. Immer mehr Staaten können inzwischen von Projekten berichten, in denen sie Alternative Entwicklung umsetzen. So bietet das Expertentreffen auch eine Plattform, auf der die Teilnehmer*innen eigene Erfahrungen austauschen und voneinander lernen können.

 

2018 nahmen mehr Regierungen als je zuvor am Expertentreffen teil. Auch 2019 war die Resonanz groß. Die Teilnehmer tauschten wertvolle Erfahrungen aus und trafen Richtungsentscheidungen. Das Treffen fand im Dezember 2019 in Doi Tung in der nordthailändischen Provinz Chiang Rai statt. Fragestellungen des jüngsten Treffens waren: Können Konzepte der Alternativen Entwicklung für ländliche Räume auf den urbanen Kontext übertragen werden? Auch dort werden Menschen aufgrund fehlender Einkommensquellen in die Kleinkriminalität und den Drogenhandel gezwungen. Welche Rolle kann die Privatwirtschaft in der Vermarktung von Produkten aus Alternativen Entwicklungsprojekten übernehmen? Wie sieht das Zusammenspiel zwischen den Projekten und mit Vertreter*innen aus Polizei und Justiz aus? Über mehrere Tage wurde über Rechtstaatlichkeit, Strafverfolgung und Menschenrechte diskutiert und darüber, wie Alternative Entwicklung das Vertrauen der lokalen Bevölkerung in den Staat wiederherstellen kann. Die Ergebnisse des Treffens werden – wie  wie bei allen Expertentreffen zuvor  – in einem Resolutionsentwurf zusammengefasst und im Anschluss bei der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (United Nations Commission on Narcotic Drugs, CND) vorgelegt.

 

Chiang Rai sowie der Besuch des in Doi Tung angesiedelten Entwicklungsprojekts war der ideale Tagungsort für die Expertenkonferenz. Es gilt international als hervorragendes Beispiel, wie sich Alternative Entwicklung umsetzen lässt: nachhaltig, mit langfristiger Perspektive und unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung. Diese lebte im Grenzgebiet von Thailand, Myanmar und Laos bis vor 30 Jahren vom Schlafmohnanbau und der Herstellung von Opium. Die natürlichen Wälder waren infolge des Schlafmohnanbaus weitestgehend zerstört. Auf Initiative des thailändischen Königshauses und der Mae-Fah-Luang-Stiftung (Mae Fah Luang Foundation, MFLF) wurde die Region Schritt für Schritt an das Straßennetz, Wasser und Strom angeschlossen, aufgeforstet sowie eine Infrastruktur für Bildung und Gesundheit errichtet. Die Menschen erhielten die Möglichkeit, mit legalen landwirtschaftlichen als auch (kunst-)handwerklichen Produkten ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ein Absatzmarkt ist entstanden. Inzwischen sind viele ehemalige Opiumbauern und -bäuerinnen sogar Kleinunternehmer*innen und erarbeiten sich ihr Geld jenseits der Landwirtschaft.

 

Politisch orientieren sich die Expertentreffen an den Ergebnissen der Sondersitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Weltdrogenproblem (Special Session of the General Assembly on the World Drug Problem, UNGASS) 2016. In den ersten Expertentreffen für Alternative Entwicklung arbeiteten die Teilnehmer*innen strategisch auf die Sondersitzung hin und formulierten entwicklungspolitische Positionen, die sich auch im Abschlussdokument der UNGASS wiederfinden. Mit der Verabschiedung des UNGASS-Abschlussdokuments und den Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) der Agenda 2030 hat sich Drogenpolitik vermehrt entwicklungsorientierten Perspektiven zugewandt. Seitdem dienen die Expertentreffen dazu, Innovationen, die bereits in den unterschiedlichen Dokumenten enthalten sind, in die Realität umzusetzen. Die GPDPD unterstützt somit die direkte Implementierung der UNGASS-Beschlüsse und SDGs. Gleichzeitig bleibt Raum für die Fortentwicklung des Verständnisses von Alternativer Entwicklung.

 

Durch die regelmäßige Ausrichtung der Expertentreffen trägt die GPDPD dazu bei, dass Alternative Entwicklung an Bedeutung gewinnt. Auf den Tagungen der CND erhalten entsprechende Ansätze mehr politische Unterstützung. Auch auf nationaler Ebene integrieren mehr Staaten das Konzept in ihre drogenpolitischen Strategien.