„Alles beginnt auf lokaler Ebene.“

Weerachit Waranchitkun lebt schon sein ganzes Leben in Doi Tung – und seit 55 Jahren in demselben Haus. Er ist Leiter der Mae Fah Luang Unterbezirksverwaltungsbehörde. Diese umfasst 19 Dörfer in der Bergregion in der nordthailändischen Provinz. Mit der GPDPD sprach er über die Entwicklung der einst sehr armen Region: Die Menschen in Doi Tung waren jahrzehntelang wirtschaftlich vom Schlafmohnanbau abhängig. Dann setzte die Mae Fah Luang Stiftung ein Entwicklungsprojekt nach den Prinzipien der Alternativen Entwicklung um und die Lebenssituation veränderte sich nachhaltig.

GPDPD: Als Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Srinagarindra 1988 das Doi Tung Entwicklungsprojekt ins Leben rief, waren hier viele bewaffnete Gruppen aktiv. Können Sie uns die Situation beschreiben?

 

Weerachit Waranchitkun: Wir alle leben hier und bewirtschaften das hiesige Land seit langer Zeit. Anfangs waren wir bewaffnet, um uns und unsere ethnische Gruppe zu schützen. Doch dann begann Prinzessin Srinagarindra mit der Mae Fah Luang Stiftung, Möglichkeiten für ein besseres und nachhaltiges Leben zu schaffen. Die meisten von uns erkannten, dass keine Gewalt nötigt war, um unser Wohlergehen zu sichern, und legten die Waffen nieder. Das Projekt der Mae Fah Luang Stiftung zur Alternativen Entwicklung konzentrierte sich auf unsere Bedürfnisse und half uns, die Armut zu überwinden, indem es uns Arbeitsmöglichkeiten und Bildung bot.

 

Haben Sie von Beginn an an das Projekt geglaubt?

 

Am Anfang hatten nicht alle großes Vertrauen in das Projekt, aber einige Leute aus unserer Gemeinde begannen mit der Stiftung zu kooperieren und das Projekt zeigte gute Ergebnisse, insbesondere beim Kaffeeanbau. Nicht viele hatten eine eigene Plantage, aber sie wurden als Lohnarbeiter angestellt, sodass sie bezahlt wurden und etwas über den Kaffeeanbau lernen konnten. Später wurden sie selbst Eigentümer von Plantagen. Immer mehr Menschen schlossen sich an und begannen, an das Konzept zu glauben. Heute sind alle davon überzeugt.

 

Wie gelang es, Vertrauen zwischen den Gemeinden aufzubauen?

 

Das ist zunächst einmal ein langer Prozess, der Jahre dauern kann. Dabei spielen die Gemeindevorsteher eine wichtige Rolle. Sie müssen in der Lage sein, die anderen anzuleiten, und sollten als gutes Beispiel vorangehen.

 

Was waren die konkreten Vorteile, die sich aus dem Projekt ergaben?

 

Wir sahen verschiedene Vorteile, die sich gegenseitig ergänzten. Am wichtigsten war, dass wir die Möglichkeit hatten, legale Alternativen zu Drogenpflanzen wie zum Beispiel Kaffee anzubauen, und dass uns gute Arbeitsmöglichkeiten auf den lokalen Farmen geboten wurden. Auch für eine Ausbildung wurde gesorgt. Früher gingen die Kinder nicht einmal zur Schule, heute machen viele einen Universitätsabschluss.

 

Und was macht die junge, gut ausgebildete Generation – wandert sie ab oder bleibt sie in Doi Tung?

 

Beides kommt vor. Während die einen in der Gegend bleiben, ziehen andere weg. Einige Kinder im Dorf sprechen vier Sprachen: Thailändisch, Englisch, Chinesisch und die lokale Sprache. Die Sprachkenntnisse sind Türöffner. Die Kinder bekommen Möglichkeiten, die wir nie zuvor hatten, und es liegt an ihnen, ob sie bleiben oder ins Ausland gehen wollen.

 

Zum Expertentreffen für Alternative Entwicklung kamen Teilnehmer*innen aus der ganzen Welt nach Doi Tung, um von diesem Projekt zu lernen. Welchen Rat würden Sie ihnen mitgeben?

 

Alles muss auf der lokalen Ebene beginnen. Die Bedürfnisse und Herausforderungen in den verschiedenen Gemeinden sollten vor der Umsetzung eines Projekts evaluiert werden. Sobald die spezifischen Probleme identifiziert sind, kann man auch die passende Lösung finden. Von dort aus lässt sich der Ansatz auf den Rest des Landes ausdehnen, solange die Bedingungen in der jeweiligen Region berücksichtigt werden.